Das man sich als Wahlbeobachter in Hessen schnell wie in Kenia fühlen kann, habe ich ja hier schon mal gesammelt. Auf der anderen Seite laufen die Mundwerke der FUD-Verbreiter auf Hochtouren. Glaubste nicht? Hier kannste das in einem Interview in der Süddeutschen nachlesen. Christoph Bieber == CB

CB: Alle Tests mit den Wahlcomputern sind zufriedenstellend verlaufen.

Beim CCC sieht man das naturgemäß anders. Aber sogar die PTB behauptet das nicht, eine solche Aussage ist schlicht nicht zu finden – woher haben sie das?! Und in den Niederlanden ist man interessanter Weise zur Vernuft gekommen.

CB: Bei einem alleinstehenden Computer einen Chip auszutauschen, ist einfach. Aber bei einem Wahlcomputer, der in eine Wahl eingebunden ist, also überwacht wird, ist das nicht möglich.

Stimmt, geht in 60 Sekunden. Und die Mistgeräte werden nicht überwacht! Aktuell kann man es in Hessen sehen: Die Wahlcomputer stehen alleine rum oder werden sogar dem nächstbesten vorm Wahlbüro rumstehenden Individuum in die Hand gedrückt – ob er Wahlhelfer ist, oder nicht. Davon dass Geräte bei Parteifunktionären übernachten, wollen wir lieber nicht reden… ach ich habs doch gesagt.

CB: Aber Papierwahlen sind viel einfacher zu fälschen. Das konnte man gut bei der Wahl des Hamburger SPD-Spitzenkandidaten sehen. Da verschwinden einfach Säckeweise Wahlzettel.

Soso. „Wahl des Hamburger SPD-Spitzenkandidaten“ – wir lesen das ganz genau. Die Wahlzettel verschwanden aus einer SPD-Mitgliederbefragung. Also nicht bei einer Landtagswahl oder sowas, nein, bei einer SPD-Mitgliederbefragung. Egal wie wir das einstufen: Erfolgreich war das offensichtlich nicht, es ist auch quasi sofort aufgeflogen und der gesammte hamburger SPD-Vorstand trat zurück.
Warum es auffiel? Weil die Summe der Zettel mit den abgegebenen Stimmen irgendwie nicht mehr korrelierte. Warum sollte ausgerechnet dieses Beispiel dazu dienen, Papierwahlen als unsicher zu entlarfen? Es sollte sogar Christoph Bieber verstehen, dass Nachzählen jeder kann, einen ominösen Chip in einem Computer zu überprüfen für Otto Normalverbraucher aber eben nicht zu machen ist.

CB: Warum gerade der Technologie mehr Manipulationsmöglichkeiten unterstellt werden als Menschen, kann ich nicht verstehen.

Nochmal: Jeder Depp kann Zettel zählen, aber was in einen EEPROM in einem Computer geschrieben wurde versteht der Durchschnittsbürger nicht. Und noch weniger kann er Nachprüfen, ob auch wirklich „drin ist was drauf sein soll“. Jetzt klar?

CB: Und es wird immer schwieriger, Wahlhelfer zu rekrutieren. Da sind Wahlcomputer eine gute Möglichkeit, die Auszählung zu vereinfachen und Kosten zu sparen.

Es stimmt aber gar nicht, das Wahlcomputer die Wahl billiger machen: In Amsterdam zeigte sich, dass Wahlcomputer die Kosten gegenüber der klassischen Stimmzettel sogar um 70 % erhöhen. Aber sie finden sicher einen BWLer der uns vorrechnet, dass der doppelte Preis halb so teuer ist…

CB: Dem Chaos Computer Club gelingt es einfach sehr gut, mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen aufzufallen. Und mit dem Landeswahlleiter haben sie sich einen schwachen Gegner ausgesucht. Dabei gibt es inzwischen Wahlmöglichkeiten in Hessen, die kritischer hinterfragt werden sollten. So können beispielsweise die Briefwahlunterlagen mittlerweile in einem Bürgerbüro abgeben werden. Zum einen verlängert das die Stimmabgabe um Wochen – und zum anderen regt sich auch keiner auf, wenn ich dort meinen Stimmzettel statt in eine Wahlurne in einen alten Mülleimer werfen kann.

Na, potzblitz! ist der CCC unverschämt! Politisch aktiv und versucht auch noch aufzufallen. Dürfen die denn das?! Und wieso ist eigentlich der schludrige Umgang mit Briefwahlunterlagen plötzlich eine Begründung dafür an anderer Stelle die Wahl mit Wahlcomputern zu versauen? Warum ist der Landeswahlleiter ein schwacher Gegner? Wen sollte man sich denn Ihrer Meinung nach vornehmen?

Dafür, dass mich dieser Beitrag gerade mal eine Stunde Recherche gekostet hat, zeigt sich recht deutlich, wer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. (swg)

PS: Inzwischen hat der CCC eine Presseerklärungen zu den Unregelmäßigkeiten der Landtagswahl in Hessen veröffentlicht.