Lange hat die Wettervorhersage für Sonntag zwischen Unwetter und praller Sonne gependelt; Im Lauf der Woche hat sich die brütende Hitze durchgesetzt, die Unwetter schwächten sich immer mehr ab und verschoben sich in den Abend. Prinzipiell ist das natürlich gut, wir radeln beim SZ-Fahrradfest mit. Sengende Hitze ist dabei aber auch nicht so toll, vor allem, weil unsere Tour immer über den Elberadweg nach Radebeul und zurück führt, immer in der Sonne, kein Schatten.
Unser Start ist um elf, um acht, in der ersten Startwelle unserer Tour, wäre überhaupt nicht drin gewesen mit den Kindern. Außerdem will ich mein Sonntagsfrühstück haben und es macht auch einfach immer Spaß, mit Mika Sonntag früh zum Bäcker zu gehen. Nicht zuletzt braucht es noch Unterwegsverpflegung (denken wir jedenfalls): Ich mach Wraps. Mika hat uns sowieso schon um sechs aus dem Bett geschmissen, Zeit genug ist also für diese Eskapaden.
Herdplattenzone
Noch vor um zehn stehen wir mit den Fahrrädern vorm Haus. Mika ist im Chariot, sein Laufrad oben drauf, die Verpflegung hinten drin. Wasserflaschen, Regenkleidung und anderer Krams, den man mit Kleinkind so braucht, ist auf Packtaschen an den Fahrrädern verteilt. Die Sonne sorgt schon jetzt für drückende Hitze, was soll’s: Runter zum Altmarkt, da ist der Start. Unterwegs ist überall Polizei zu sehen, die temporär große Straßen und Kreuzungen für die Radfahrer sperrt: Diverse Touren sind ja schon längst gestartet. Zwischen 8 und 100 km ist alles dabei. Wir werden 36 Kilometer fahren, die AOK-Plus-Tour. Sicher könnten die Mädels weiter, allerdings würde das Mika zu sehr strapazieren, sitzt er ja die ganze Zeit im Chariot und kann nur in den Pausen raus.
Unten auf dem Altmarkt ist ordentlich Sponsoren-Budenzauber aufgebaut, die Moderatorin auf dem Startturm gibt sich redlich Mühe, die Stimmung ist erwartungsfroh und heiter, trotz der fast unerträglichen Hitze auf dem komplett gepflasterten Platz. Schatten bieten nur ein paar Pavillons über den Biertischen vor der Bühne.Der Rest des Platzes ist eine große Herdplatte. Wenn Dresden einen Hitzeschutzplan umsetzen will, wäre hier auf dem Altmarkt sehr viel zu tun; Der Postplatz müsste direkt folgen, genau wie der Neumarkt vor der Frauenkirche. Alles gepflasterte Herdplatten, die schon jetzt, in einer kurzen Frühjahrs-Hitzewelle, kaum zu ertragen sind …
Die Zeit bis zum Start verdödeln wir überraschend kurzweilig, beim Losen, beim Säckchen-Zielwerfen, beim Helium-Ballonanstehen. Schon ruft man uns in die Startgasse.Dann fällt auch schon der Startschuss – bzw. artikuliert man ein „Peng“ auf dem Startturm, die Pistole hat wohl ob der Hitze (sic!) den Geist aufgegeben – und der riesige Pulk aus Freizeitradlern setzt sich langsam in Bewegung. Es macht Spaß, mal nicht nur auf dem Radweg die Sankt-Petersburger runterzurollen. Und ich bin noch nie über die Nossener Brücke gefahren, die ist sonst Autos vorbehalten. Damit haben wir dann auch schon die größte Steigung der heutigen Tour hinter uns, der Rest ist flach. Und heiß. Und ohne Schatten. Mika schläft im Chariot.
Der Elberadweg ist ein bisschen eng für die Massen an Radfahrern. Kritisch wird es vor allem dann, wenn auch noch Gegenverkehr kommt; Nicht jeder hat das Fahrradfest auf dem Schirm und mehr als einmal sieht man Elektrorentner mit langem Gesicht am Wegesrand stehen. Andererseits sollte der große Pulk ja in einer halben Stunde durch sein … Ich hatte gehofft, dass es sich ein bisschen schneller auseinander zieht, dem ist aber nicht so. Vor wie hinter uns: Viele viele Radfahrer, mit und ohne Strom. Im Flachen sind alle ca. gleich schnell. Das immerhin vermeidet allzu riskante Überholmanöver.
Verpflegungspause
Schneller als gedacht haben wir es zum radebeuler Verpflegungspunkt geschafft, wir scheinen eher im vorderen Mittelfeld zu sein. Auch hier gibt’s Schatten nur über den Biertischen, überall sonst brennt die Sonne gnadenlos auf den Platz nieder. Mika ist inzwischen wieder wach; Den lassen wir frei, er kann mit seinem Laufrad über den Platz hirschen – macht er ohne Umschweife. Ein paar bekannte Gesichter treffen wir, schwatzen, essen, trinken vor allem.
Wir lassen einen Großteil der Leute ziehen; Mika braucht die Pause eh für seine Bewegungsfreiheit. Aber irgendwann wollen wir dann doch wieder los. Immerhin setzt Mika sich ohne großen Widerstand in den Chariot. Laufrad oben drauf; Die Wraps hab ich vermutlich umsonst gemacht, im Heckfach in der Kühltasche beleiben sie wenigstens frisch. Wir denken uns nichts dabei, als wir Mika noch sein gewünschtes Buch in die Hand drücken und losrollen.
Ich hatte den Weg bis zur Niederwarthaer Brücke weiter geschätzt, schlimm ist das nicht: Der auffrischende Wind aus Westen kündigt die Gewitter an, ist bis hier aber eben auch Gegenwind. Nach der Brücke haben wir ihn im Rücken, wir sind richtig schnell! An der Gohliser Mühle staut sich der Fahrradtross wieder: Hier gibt’s kühle Getränke und Eis. Das will ich lieber verschieben: An der Weißeritzmündung ist mehr Platz für die Kinder und wahrscheinlich weniger los.
Nichtmal einen Kilometer weiter hustet es eigenartig im Chariot. Und nochmal. Ich halte lieber an und guck‘ mal. Mika hat sich gerade komplett vollgekotzt! Wunderbar! Wechselklamotten haben wir zwar, aber der Chariot selbst … *uääähh!*. Wie blöd kann man aber auch sein, dem Kind ein Buch in seiner Anhängerschaukel zu geben?! Ach Mist! Mika nimmt’s relativ gelassen, aber an der provisorischen Reinigungsaktion des Chariot mit Feuchttüchern hab ich wenig Freude. Immerhin kramt Jannika noch eine Tüte für den Kotzemüll aus ihrer Fahrradtasche. Gutes Kind! Vorbereitung ist alles.
In der Chaise müffelt es zwar unappetitlich, aber Mika-Kind kann wieder drin sitzen und wir radeln weiter. Bock auf ein Eis hat an der Weißeritz dann doch keiner so richtig. Eigentlich ist das auch gut so. Wir wissen ja nicht, wie gut sich Mikas Magen wider beruhigt hat; Für nochmal * haben wir keine Wechselsachen und wir kämen von hier sowieso nicht schnell nach Hause. Auf dem Altmarkt, im Ziel, da ist vielleicht ein Eis drin.
Die Streckenführung zurück durch die Stadt ist ein bisschen spärlich ausgeschildert, aber wir finden unseren Weg. Im Ziel empfängt uns der Altmarkt in seiner Funktion als Radlergrill. Eine Teilnehmer-Medaille gibt’s und man ist doch froh, vom Rad steigen zu können. Das versprochen Eis gibt es jetzt noch. Überraschender Weise weiß der Mann an der Kelle sehr gut Bescheid, was wir mit unsrer glutenfrei-Frage bezwecken: ‚Zöliakie?‘ fragt er zurück. Guter Mann.
Allzu lange halten wir uns nicht mehr auf. Offenbar hab ich einen leichten Sonnenstich, bei jeder neuen Anstrengung krieg‘ ich sofort Kopfschmerzen. Das macht den Heimweg etwas unangenehm, muss ich den Chariot ja noch die Bergstraße hochzerren. Ich weiß nicht, ob ich so eine Tour nochmal mitmachen möchte. Organisiert war es super, keine Frage, danke an alle Beteiligten; Es sind mir halt nur zu viele Menschen in der selben Richtung unterwegs. Und das Gefühl war dann doch eher das eines Radrennens als das eines Fahrrad-Ausflugs.
(swg)