Zwei Naechte Hotel, wobei ich dieses jeweils 6:30 Uhr am Morgen verlassen musste, eine Nacht bei Prochor, dem Sohn einer Angestellten der Uni, fuenf Naechte in einer privaten Wohnung, deren Besitzerin gerade im Urlaub ist und schliesslich, nach fuenf Tagen im Altai, nun doch das Uni-eigene Wohnheim. Fuenf Unterkuenfte in gerade mal drei Wochen – kein schlechter Schnitt. Und eine Woche hab ich ja noch, aber will mal hoffen, dass ich auch die im Wohnheim verbringen kann. Das russische System der Visaregistrierung kann den gemeinen Touristen schon ganz schoen auf Trapp halten. Mein Visum ist nämlich nur eins für Touristen und berechtigt mich keinesfalls einen Platz im Wohnheim der Universität in Novosibirsk zu belegen… Trotzdem hab ich es mit Hilfe einiger sehr netter Menschen und dem Wohlwollen diverser Unbekannter in den oertlichen Behoerden doch noch geschafft eine offizielle, legale Bleibe in Novosibirsk zu finden.
Novosibirsk ist zwar mit seinen 1,5Mio Einwohnern Sibiriens groesste und nach Moskau und Petersburg Russlands drittgroesste Stadt, hat allerdings fuer touristische Belange wenig zu bieten. Gerade etwas mehr als 100 Jahre alt wurde Novosibirsk erst mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn gegruendet. Beeindruckend ist die spuehrbare Weite dieser Stadt. Der grosszuegige Umgang mit Platz selbst im Stadtzentrum laesst, trotz der schlecht erhaltenen, grauen Betonbauten und des aufkommenden Herbstes, nie das bedrueckende Gefuehl aufkommen, wie ich es zum Beispiel in Moskau hatte.
Und ein paar Dinge gibt es doch zu sehen. Novosibirsk hat eine Reihe Superlative bzw. Unikate zu bieten. Da waere zum einen eines der groessten Opern- und Ballettheater der Welt direkt auf dem Ploshchad Lenina, dem Herz der Stadt. Nicht fehlen darf hier natuerlich die monumentale Leninstatue. Eine beliebte Frage zu diesem Monument ist, welche Hand Lenin denn nun zukunftsweisend ausstreckt – die Rechte oder die Linke (so oder so die typische Pose dieser Statuen, hin und wieder haelt er noch die Muetze in eben dieser Hand). Selbst Einheimische denken bei dieser Frage laengere Zeit nach und die Antwort ist haeufig die Falsche. In diesem Fall hat Lenin naemlich ausnamsweise die Arme hinter dem Ruecken verschraenkt.
Weiterhin steht hier die laengste Metrobruecke der Welt, die den Ob ueberspannt. Ach ja, die Metro: die koennte auch noch so ein Superlativ sein. Bin mir nicht ganz sicher, aber es wuerde mich nicht wundern, wenn es die kleinste der Welt waere. Mit gerade einmal zwei Linien, die eine mit sieben die andere mit !vier! Stationen. Sie wurde wohl von privater Hand finanziert.
Und schliesslich war ich seit weiss nicht wievielen Jahren mal wieder im Zoo. Nicht zuletzt um den einzigen Liger dieser Welt zu sehen. Selbiger war eigentlich nur ein “Unfall” und entstand waerend Bauarbeiten im Zoo. Wegen Platzmangels wurden Loewen und Tiger in dieser Zeit im gleichen Kaefig gehalten und raus kam der Liger.
Wie im Zoo komm ich mir auch sonst manchmal vor. Im Gegensatz zu Petersburg und Moskau sind Dreads hier wirklich was ungewoehnliches und die meissten Leute auf der Strasse verbergen ihre Neugier auch nicht gerade. Letztens fragte mich ein aelterer Herr im Supermarkt ob ich denn Probleme mit meinen Haaren haette, das koenne ja nicht normal sein…
Naja, aber soweit wie bei Steven, einem Schwarzafrikaner aus Ghana, geht es noch nicht. Mit ihm wurden wir gestern vor der Metro angesprochen. Ein paar junge Leute wollten voellig erstaunt wissen warum seine Haut denn schwarz waere und die Handflaechen hell usw. Was is das denn fuer ne Frage??? Am Ende haben sie ihm auch noch hundert Rubel fuer ein Foto angeboten. Steven hats alles sehr entspannt ueber sich ergehen lassen und nachher gemeint, es waere nicht das erste mal gewesen. Sachen gibts… (Henner)