Heute Morgen sieht das Wetter nicht anders aus, als gestern Abend: Wir stehen in einer dicken Wolke. Während des Frühstücks löst diese sich auf und ich kann die herrliche Bergwelt auf Speicherkarte bannen.Die Freude währt aber nur kurz, Minuten später herrscht das von gestern bekannte Bild.Bis zur Aussichtsplattform am Hotel Fossli sind es nur ein paar Meter zu fahren. Auch hier ist es eher schlimmer, man sieht das Hotel erst, wenn man schon fast an dessen Wand drangefahren ist. Und jetzt? Wie gestern: Fragen kostet nichts. Der freundliche Herr hinterm Tresen meint, dass es anhand von Wettervorhersage und Webcam – sowohl am Gipfel als auch in Eidfjord unten – wohl so zwei Stunden dauern wird, bis es aufklart. Mit so einer fundierten Antwort hatte ich gar nicht gerechnet. Danke!

Bleiben und warten? fahren? Aber dann wären wir ja umsonst den Umweg gefahren! Wir beschließen, zu bleiben und zu hoffen. Immerhin regnet es und Wind ist aufgekommen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir den Wasserfall doch noch zu Gesicht bekommen.

Wir werden nicht enttäuscht, halb zwölf herrscht strahlender Sonnenschein. Nur ein paar Wolkenfetzen hängen noch im Tal. die Hauptplattform vorm Hotel ist eine Baustelle, aber von den anderen sieht man sehr gut. Es ist ein fulminanter Anblick.Da wird einem das Weitwinkel der Kamera zu knapp… Links oben kann man das Hotel Fossli sehen.Auf den Bildern kann man kaum erkennen, wie tief sich der Vøringfossen ins Tal stürzt: 183 m Fallhöhe, davon größte Freifallhöhe 145 m.Da drüben sitzen Menschen an der Kante, so als Größenvergleich.Auch auf unserer Seite fällt Wasser zu Tal.Fehlt noch ein romantisches Postkartenmotiv.Wir fahren noch nach drüben auf den Parkplatz mit Café und gucken von da. Vorher gibt es ein Bemmen-Mittag. Wirbelwind Alina kriegt strikte Instruktionen, hier nicht im Wald herumzuflitzen, sondern nah bei uns zu bleiben. Zu großen Teilen haben die Abgründe hier keine Absperrungen.

Der Ausblick von hier unten ist mindestens genau so grandios.Und damit der Anblick perfekt wird, zaubert die Sonne einen Regenbogen.Selbst wenn man hier am Abgrund steht: Es ist kaum fassbar, wie riesig, steil, tief und gigantisch die Landschaft hier am Vøringfossen ist.Losreißen von dem Anblick fällt schwer. Dennoch: Gegen viertel eins dieseln wir wieder ins Tal hinunter. Unser Ziel heißt Bergen.

(swg)

Der restliche Tag nach der Stabkirche in Borgund spielt sich weitestgehend unter Tage ab – gefühlt jedenfalls. Auf unserer guten Bekannten aus Schweden, der E16, jagt ein Tunnel den nächsten. Zu Beginn kommt ein echtes Highlight: Der Lærdalstunnelen. Er ist mit 24,5 km der längste Straßentunnel der Welt.Drinnen gibt es drei Lichtkuppeln, in denen sogar gehalten und ausgestiegen werden darf. In der mittleren Kuppel halten wir.Das Licht soll Gletscher imitieren. Was ich ja total krass finde: Selbst hier in den Tunnelkuppeln findet man die Spuren des „Skandinavischen Volkssports“: Burnouts und Doughnuts. Die sieht man hier auch sonst alle Nase lang auf den Straßen und Parkplätzen.

Nach einer Weile ist die Tunnelfahrerei recht ermüdend. Selbst die Wolken hängen da durch.Interessant wird es nochmal am Eidfjord: Hier kommt man aus dem Tunnel direkt auf die Eidfjord-querende Hardangerbruaum gegenüber wieder direkt in einen Tunnel zu fahren. Dort folgt – im Tunnel – ein Kreisverkehr.Wir folgen der E16 und überqueren noch einmal unseren Tunneleingang mit Blick auf die Brücke.Abgefahrene Straßenbaukunst.

Bergen werden wir heute nicht mehr erreichen. Aber jetzt im Nirgendwo übernachten, um morgen früh einfach weiterfahren zu müssen? Das sagt uns nicht recht zu. Wir haben schon heute viel Zeit mit Autofahren verbracht! Ein näheres Zwischenziel muss her. Nur knapp 50 km entfernt liegt der Vøringfossen. Der Ducato darf nochmal ordentlich ins Gebirge brüllen, oft reicht an den Steigungen nicht mal mehr der dritte Gang. Hitzeprobleme bekommt er aber nicht, scheint gut dimensioniert zu sein, das Kühlsystem. Trotzdem gut, dass ich die Relais der Drucklüfter noch getauscht hatte.

Nach insgesamt 17 Tunneln sind wir endlich am Vøringfossen. Das Wetter zeigt sich am Wasserfall von seiner nassen Seite. Außerdem sind die Wolken so tief, dass man hier oben gar nichts sieht – außer Wolken. Da gehen wir morgen gucken. Langsam brauchen wir einen Platz für die Nacht. Im Hotel Fossli frag ich mal, ob wir deren Parkplatz nutzen dürfen: Nein. Aber wir bekommen eine freundliche Wegbeschreibung, wohin wir könnten.

Wie erwünscht wir an der beschriebenen Stelle sind, kann ich nicht genau sagen. Meine großzügige Interpretation des Schildes mit durchgestrichenem Womo ist, dass ich mit dem Womo die Straße nicht weiterfahren soll. Das bezieht eigentlich die 10 m Straße zum Parkplatz mit ein – wie gesagt, ich lege großzügig aus… Für eine weitere Suche ist es mir auch zu spät. Ende im Gelände, wie man so schön sagt.

Wohnmobileierkuchen gibt es zum Abendbrot. Die wichtigste Regel dafür lautet: Das Womo muss gerade stehen, sonst laufen Fett und Teig auf einer Seite der Pfanne zusammen – ich hab gut geparkt :)Beim Einkauf in Schweden hatten wir einen kleinen Fehlgriff getan: Wir wollten Weizenmehl aus dem normalen Winterweichweizen, haben aber „Durumvetemjöl“, also Hartweizenmehl, erwischt. Funktioniert aber auch prima, wenn man dem Teig etwas Zeit zum Quellen gibt.Geschmeckt hat es jedenfalls allen.

149.807 km (3.926 km)

(swg)

Weit ist es nicht zur Stavkyrkje in Borgund, nur nochmal dieselbrüllend den Berg runter. Das Besucherzentrum hat in seinem kleinen Museum die Geschichte der Stabkirchen wirklich gut aufbereitet. Ausführlich wird der Aufbau erklärt – Alina will’s auch ganz genau wissen.

Die Kirche selbst hat mit sehr wenigen Veränderungen die Zeiten seit 1180 überdauert.Ganz selbstverständlich ist das nicht. Viele brannten ab oder wurden durch steinerne Kirchen ersetzt. Von den ca. 1000 Stabkirchen sind heute gerade noch 28 erhalten. Zu danken ist das dem Engagement des norwegischen Denkmalpflegevereins. Kurioser Weise stehen die besterhaltenen Stabkirchen in den ärmsten Kirchgemeinden: Man hatte schlicht nicht das Geld für etwas neues.Unglaublich, wie reich die Kirche mit Schnitzereien verziert ist! Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Stabkirchen nach der Art „Jedem Dorf eine Kirche“ errichtet wurden.Wir gehen noch einen Multi-Geocache im Wald suchen. Nette Überraschung dabei: Wir sind STF – also die zweiten, die ihn finden. Mittag ist heran, es gibt Schnittchen im Womo. Die Kinder haben wir hinreichend platt gespielt, so können wir weiter fahren.

(swg)

Es regnet vor sich hin heute morgen. Immerhin der Blick auf den Jostedalsbreen ist frei.Manchmal gibt es eine winzige Lücke in den Wolken und die Sonne wirft einen heiligenschein aufs Grüne. So träge wie wir wälzen sich die Wolken aus ihrem Waldbett.

Mit der Abreise von diesem einzigartigen Flecken lassen wir uns sehr viel Zeit. Erstens hat das Jannikind heute Jeburtstach! Und außerdem steht heute sowieso nur viel Gefahre auf dem Plan. Wir toben noch etwas auf dem Spielplatz herum.

Irgendwann müssen wir dann doch los – inzwischen ist es fast eins. Auf der Straße runter zum Innvikfjorden kommen uns schon wieder touristengefüllte Busse entgegen. Unten in Olden liegt eine neues Kreuzfahrtschiff im Fjord.

Unser Mittags-Ziel ist der Bøyabreen – eine weitere Gletscherzunge des Jostedalsbreen. Bis dahin müssen wir 100 km zurücklegen. Um auf die E39 zu gelangen, müssen wir uns bei Utvik wieder mal Serpentinen hinauf quälen.Oben liegt ein Skigebiet, nur Schnee fehlt, den sieht man auf den Bergen gegenüber.Lange halten wir uns hier nicht auf, wir wollen weiter. Wenig später kommt der nächste Fjord in Sicht. Da unten liegt Breim im Sonnenschein.Atemberaubend, wie die Landschaft, ist auch der Wetterwechsel. Nur 10 min später gießt es,um keine 10 min darauf wieder die Sonne vom Himmel strahlen zu lassen.Hier am Ende des Jølstravatnet sind wir fast am Getscher.Man hört häufiger ein Donnern und Krachen, wenn sich Eis löst, und den Berghang herunterbröselt.Zwei Meter pro Tag rutschen nimmt man dem Gletscher bei seinem Getöse ab.

Ich torkel mit Jannika vom Gletschersee zum Parkplatz. Ihr neues Spiel – Steine in Matschhose stopfen – funktioniert heute nicht, mangels Matschhose. So wirft Sie ihre Findlinge einfach wieder hin. Find ich besser.Maria will noch ihren Geocache einsammeln. Sie nimmt Alina mit. Nach knapp einer Stunde mach ich mir langsam sorgen, ob die beiden in einen Gebirgsbach gefallen oder vom Elch geknutscht worden sind. Maria hat sich einfach nur verschätzt, was 200 m im völlig durchnässten, sumpfigen Urwald bergauf bedeuten. Na gut. Den Schlüssel zum Womo hätte ich aber gerne gehabt.

Morgen wollen wir die Stabkirche in Borgund sehen. Heute schaffen wir es nicht mehr bis hin, so nah wie möglich wollen wir aber ran. So tunneln wir weiter durch Norwegens Berge auf der 5 und tangieren Seen und Fjorde. So manches kann man nicht fotografieren, die Bilder wirken nichtssagend, dabei ist die Landschaft unfassbar. Durch Sognalsfjøra da drüben sind wir gerade gefahren.Auch etwas, an das man sich in Norwegen gewöhnen muss: Man fährt Bögen und Umwege. Den Straßenbauern bleibt nur die Wahl am See-/Fjordufer entlang zu bauen, oder einen Tunnel durchs nächste Gebirgsmassiv zu bohren. Über die Berge geht nicht, es ist alles viel zu hoch und zu steil.

Ein kurzer Halt an der Stavkyrkje Kaupanger.Seit Ende August ist die geschlossen, schade.Zurück auf der 5: Der nächste Tunnel endet direkt an der Fähre über den Sognefjorden. Das muss man wörtlich nehmen!Es wird sogar das Kreuzen der Fahrbahnen vermieden, indem man die Spuren in zwei Tunnel trennt und die Röhren übereinander führt!

Unseren einsamen Platz zum Übernachten finden wir auf einem Rastplatz an der historischen Route entlang des Lerdælselvi, kurz vor Borgund.Die Route kann man immer noch statt des 2003 errichteten Tunnels fahren. Während die Dunkelheit hereinbricht, unternehmen wir noch einen kurzen Spaziergang auf der allerersten Route, die noch ein Reitpfad war. Weit gehen wir nicht, in der Finsternis wird es zunehmend kalt. Zurück am Womo sind wir allein, nur das Wasser des Lerdælselvi rauscht unablässig.

149.606 km (3.725 km)

(swg)

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