Archives for category: unfassbar

Es ist einigermaßen eigenartig, wie sehr sich die eigene Wahrnehmung mit der Perspektive verändert. Dieses Gefühl von „Oh Gott, wie beknackt ist das?!“ mit dem gleichzeitigen Wissen »…naja hast Du ja auch gemacht«.

Beim autofahren ist mir das schon so gegangen. Ich fahre schon lange und viel mit dem Fahrrad, in der Stadt nahezu jeden Weg; Wenn nicht, dann mit Bus & Tram. Aber erst seit unser eigenes Auto weg ist, wir keinen eigenen Pkw mehr haben, erst seitdem kommt es mir ziemlich absurd vor, dass jeder seine eigene Karre besitzt und rumstehen hat. Damit wird jeder kleine Weg erledigt und die anderthalb Tonnen Blech werden vornehmlich allein benutzt. Man sagt die Quote betrüge 1,2 Personen pro Pkw, also in jedem 5. Auto zwei, sonst nur einer. Gestern, als ich Alina vom Schlagzeug abgeholt habe, saßen wir noch mit einem Eis draußen. Dabei haben wir Autos an der Kreuzung gezählt. Ich hab alle gezählt, in denen nur eine Person saß, Alina die mit mehreren Personen. Unsere Stichprobe am Wasaplatz war deutlich schlechter: 1,16. Also eher nur in jedem 6. saßen zwei. Mehr als zwei Peronen in einem Pkw haben wir nicht gesehen, kam einfach nicht vor. Es ist absurd.

Genauso geht es mir inzwischen mit dem Tiere-essen. Vor ein paar Jahren habe ich mit dem Fleisch essen aufgehört. Der Grund war der allgemeine Umgang damit: Fleisch wird »produziert«, Tiere in Massen ‚gehalten‘, was eher an Warenlager denn an lebenswerte Bedingungen für ein Lebewesen erinnert. Ich wollte das nicht, ich finde das widerlich. Der zweite Punkt ist der industrielle Aufwand der Futtermittel-Produktion und all die Umweltschäden, die damit einher gehen. Das alles kann niemand ertragen, der hinschaut. Und ich wollte keiner der Weggucker sein, davon gibt es viel zu viele. Inzwischen kommt es mir immer absurder vor, überhaupt ein Tier zu killen um es zu essen. Aber ich glaube, das kann einem nur passieren, wenn man aufhört Tiere zu essen.

Wie fern ich inzwischen von der Idee bin, ein Tier zu essen, ist mir bei mequitos Tagebucheintrag aufgegangen. Die ganze Szenerie dieses Essens-Events wirkt auf mich inzwischen wie komplett aus einer anderen Welt.

Ich habe Angst vor dem Tag, an dem ich bei der Hühnerhaltung für die von mir sonst gekauften Bio-Eier genauer hinschaue.

(swg)

Auf dem Heimweg hat mir Alina etwas zeigen wollen, ne Kerze und Blumen, die sie auf dem Weg zum Schlagzeug gesehen hat. Und ein goldener Stein. Ich hatte erst nicht richtig zugehört, aber natürlich weiß ich, was ein Stolperstein ist. Nur dass heute vor 85 Jahren Reichspogromnacht war, dass war mir gerade nicht präsent. Aktuell gibt es wider mehr Anlass zum Gedenken, glaube ich.

Vorm Stolperstein fällts mir wieder ein, worum’s geht. Ein paar Tulpen liegen darauf, das ewige Licht ist aus gegangen. Leider ist mein Feuerzeug leer und taugt nur noch zum Bier öffnen – aber selbst dazu brauch ich es eigentlich nicht mehr. Ich erkläre Alina kurz, was es damit auf sich hat und erkenne im Halbdunkel, das irgendjemand versucht hat, den Stolperstein mit grauer Farbe unkenntlich zu sprayen. Ich beschließe nächsten Donnerstag Lösungsmittel und Putzzeug mitzubringen. Unverholene Dummheit widert mich einfach an.

(swg)

In letzter Zeit ist mir häufiger Söder mit all seinen medialen Dummheiten des letzten Jahres über den Weg gelaufen. Nicht zuletzt, weil sein Stellvertreter-Hupsi eine lächerliche Flugblatt-Affäre an der Backe hat, aber zu dämlich ist, diese souverän zu händeln. Stattdessen verfällt er in eine eigentlich von der AFD gepachtete Opferrolle. Erst dachte ich „Vor 35 Jahren?! da’fuck!“, aber dann hab ich einen Rede-Ausschnitt von ihm gehört und dachte nur „Jo, haut schön drauf, und feste bitte!“.

Wie dem auch sei. Diese Grässlichkeit, irgend einen Popanz als populistische Projektion eines Teufels an die Wand zu schmieren – etwas, was so niemand jemals irgendwo gefordert hat, wohlgemerkt – und sich daran abzuarbeiten und als Retter der deutsch und bayrischen „Kultur“ aufzuspielen! Sei es nun die Wärmepumpen-Atombombe, Süßigkeitenverbot oder die grüne Zwangsveganisierung. Nie hat’s jemand gefordert, aber der Söder kämpft dagegen. Und ein Haufen Leute jubeln ihm zu, statt ihn auszulachen!

Ich kenne frappierender Weise deutlich mehr Männer als Frauen die Vegetarier oder Veganer sind. Ok, vielleicht liegt es ein bisschen mit an meine Job. So ziemlich alle haben einen Haufen objektiv gute Gründe auf Fleisch oder gar tierische Produkte allgemein zu verzichten. Aber wenn ich mit solchen Spacken, wie einem Söder konfrontiert werde, die mit reinem Quatsch Politik machen simulieren – und das erfolgreich! Leute was stimmt mit Euch nicht?! – frage ich mich tatsächlich, ob es unterschwellig auch Fremdschämen ist, was Männer/mich zum Vegetarismus oder gar Veganismus drängt. Aus jeder Freiheit, die erleichtert oder ermöglicht werden soll, wird ein angeblicher Zwang aufgekocht. Da entsteht bei mir tatsächlich ein Zwang: Abgrenzungszwang. Vielleicht. Ein bisschen.

Ich bin dafür, das jeder Quatsch, den der Söder aufbauscht, ihm persönlich auch wirklich so widerfährt. Jeder soll essen dürfen, was er will, aber er bekommt zwangsweise vegane Weißwurscht! Jeden Tag! Und er muss sich beim Essen für Insta ablichten!

(swg)

Seit fast zehn Jahren vernachlässige ich nun schon Sport. Nicht gucken sondern machen, meine ich. Viel schwimmen war ich früher, skaten, im Winter Eislaufen. Geblieben ist nur das Radfahren auf allen Wegen des Alltags. Mit Kindern hatte sich Sport treiben zunehmend schwieriger gestaltet. Natürlich ist das nicht deren Schuld, aber man setzt halt andere Prioritäten. Es ist viel einfacher etwas zu lassen, denn es zu tun und so hab ich das Schwimmen immer öfter einfach ausgelassen. Im Babyalter war es etwas einfacher, sich mal für 1½ Stunden abzuseilen. Aber wenn die Kleinen größer werden fordern sie natürlich auch ihren Teil an Beschäftigungszeit. Spätestens mit der Geburt von Jannika war es mit Sport fast ganz vorbei.

Mein letzter Arbeitgeber-Wechsel hat außerdem die sehr langen Pendelzeiten weggefallen lassen. Von Nossen aus hab ich wenigstens ab und an die Rückfahrt als Trainingsstrecke mit dem Fahrrad benutzt. Aber jetzt? Keine 10 min mit dem Drahtesel und ich sitz‘ auf meinem Stuhl. Corona hat das Übrige getan, aus dem Homeoffice ist man vielzu bequem, um überhaupt vor die Tür zu gehen – mal abgesehen von einer kurzen Episode Mittagspausen-Jogging.

Ich muss der Tatsache ins Auge blicken und eingestehen: Ich bin fett geworden, 80 Kilo! Es ist so schlimm, dass ich beim vorgebeugten Sitzen meinen Bauch am Brustkorb drücken spüre – das ist vielleicht ein besch*nes Gefühl!! Jetzt ist auch die Beweglichkeit so weit weg, dass ich nur noch gerade so mit den Fingerspitzen meine Zehen erreiche. Und ich hab mich mal auf’m Spielplatz so richtig blamiert: Der Hüftaufschwung an der Reckstange wollte einfach nicht mehr gelingen. Alter Falter, wie ist mir das bloß passiert?!

Im Prinzip könnte ich einfach wieder schwimmen gehen. Im Prinzip. Die Überwindung am Ende des Arbeitstages ist aber so furchtbar groß, dass ich doch lieber nach Hause radel – die Schwimmhalle liegt in der anderen Richtung. Zum Frühschwimmen könnte ich mich viel eher motivieren, aber der Tag wäre danach gelaufen: Schwimmen – und damit meine ich nicht als Tratschboje in der Bahn zu dümpeln, nein, richtiges schwimmen, Bahnen kraulen, stumpf und viele, richtiges schwimmen also – ist wahnsinnig anstrengend. Danach müsste ich eine Weile ruhen. Bei aller Freiheit bei Deveritec käme es wohl trotzdem nicht gut an, wenn ich unterm Tisch ein Vormittags-Nickerchen mache.

Scheinbar habe nicht nur ich das Ftiness-Problem, denn Anfang des Jahres gab es eine Nachricht im Slack-Channel: „Wir haben hier 20 Armbändchen. Wer möchte holt sich eins und kann damit oben ins Fitnessstudio gehen. Sooft er/sie will.“ Man war überrascht, wie viele sich schnell ein Bändchen geholt haben. Mit einer Pause in der Elternzeit hab ich das jetzt erstmal durchgezogen: Mein Ziel ist, zwei Mal die Woche an die Geräte zu gehen und einmal zum Schwimmen. Gut, das mit dem Schwimmen klappt nicht, dafür geh ich einfach noch ein drittes Mal ins Fitness-Studio.

Ich bin kein so großer Fan vom Fitness-Studio. Es ist auf eine gewisse art ziellos, was man da macht, kein „richtiger“ Sport. Man erreicht nichts als den Aufbau von Muskelgruppen, aber man läuft/schwimmt nicht eine Strecke messbar schneller oder länger – ok, bis man es versucht. Aber genau das macht man ja da nicht, oder? Wie dem auch sei, es sorgt wenigstens dafür, dass ich nicht noch weiter abbaue und ich kann das offenbar durchhalten: Es ist überhaupt keine Hürde, da hoch zu gehen, ‚machen‘ ist ganz einfach. Die für mich beste Zeit dafür ist übrigens offenbar früh: Kinder mit dem Fahrrad in die Schule begleiten, Kram am Schreibtisch ablegen und mit der Sporttasche rauf. Ein sehr schöner Nebeneffekt: Danach bin ich definitiv wach, ich bin ein Frühsport-Typ.

(swg)

PHP Code Snippets Powered By : XYZScripts.com