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Wenn Du jemanden triffst, mit dem Du vier Jahre lang in der selben Firma gearbeitet hast, aber dir partout der Name nicht mehr einfallen will! Man kannte sich, diskutierte über Software-Optionen, was wird bei der Inbetriebnahme der Maschinen vom Einrichter benötigt, berufliche Sachen halt. Man sah sich mehrmals die Woche. Aber der Name bleibt weg.

Überhaupt bin ich wahnsinnig schlecht im merken von Namen. Gesichter gehen meist; Oft erinnere ich mich an Gesichter aber sogar nur im Kontext. Wenn ich denjenigen woanders als in der gewohnten Umgebung treffe, dann weiß ich vielleicht, dass ich ihn kennen müsste, so ein Dejavu-Gefühl. Immerhin ist das schon der erste Schritt; Eventuell fällt mir nach intensivem Nachdenken ein, wer’s ist. Solange wird überspielt und freundlich genickt, vielleicht erschließt sich aus dem Gesagten ja etwas. In schlimmen Fällen steh ich einer mir vollkommen fremden Person gegenüber. Es gibt den blöden Witz „Toll, Alzheimer! Man lernt jeden Tag freundliche Menschen kennen!“. Es ist ein blöder Witz! Aber irgendwann ist man mehr »scheißdrauf«, einfach fragen, was soll’s.

Da war zum Beispiel die neue Verkäuferin unten beim Höring. Aber sie begrüßte mich überschwänglich, wie einen alten Bekannten, erkundigte sich nach Familie und so. Ich hab mitgespielt. Aber ich hatte keinen Schimmer, woher ich sie kennen sollte. Ich hab Maria vorbei geschickt, sie kannte sie aber nicht. Beim dritten Mal hab ich einfach nachgefragt. Stellt sich raus, sie war vorher in Nossen, bei dem Bäcker, wo ich häufig zum Mittag vorbei ging. Jetzt war sie gewechselt, Dresden ist für sie näher als Nossen. Aber mir fehlte der Kontext; Keinen Schimmer, keine Chance, sie einzuordnen.

Heute wusste ich wenigstens, woher ich denjenigen kannte. Aber der Name! Keine Ahnung, ist mir entfallen, fehlt, kommt vermutlich auch nicht wieder. Ist ja auch schon wieder über zwei Jahre her…

(swg)

Möchte echt wissen, was mit den Leuten los ist! Gerade hat mich einer an der Ampel aus seiner Karre raus unflätigst vollgelappt, was „wir Radfahrer“ für hirnrissige Arschlöcher seien, bei dem Wetter mit dem Fahrrad zu fahren… Schlägt denen der graue November so sehr aufs Gemüt? Jeden Winter, immer mindestens einer…

Und nein, mit Spikes ist es gar kein Problem bei dem bissel Schneematsch mit dem Fahrrad unterwegs zu sein.

(swg)

Es ist einigermaßen eigenartig, wie sehr sich die eigene Wahrnehmung mit der Perspektive verändert. Dieses Gefühl von „Oh Gott, wie beknackt ist das?!“ mit dem gleichzeitigen Wissen »…naja hast Du ja auch gemacht«.

Beim autofahren ist mir das schon so gegangen. Ich fahre schon lange und viel mit dem Fahrrad, in der Stadt nahezu jeden Weg; Wenn nicht, dann mit Bus & Tram. Aber erst seit unser eigenes Auto weg ist, wir keinen eigenen Pkw mehr haben, erst seitdem kommt es mir ziemlich absurd vor, dass jeder seine eigene Karre besitzt und rumstehen hat. Damit wird jeder kleine Weg erledigt und die anderthalb Tonnen Blech werden vornehmlich allein benutzt. Man sagt die Quote betrüge 1,2 Personen pro Pkw, also in jedem 5. Auto zwei, sonst nur einer. Gestern, als ich Alina vom Schlagzeug abgeholt habe, saßen wir noch mit einem Eis draußen. Dabei haben wir Autos an der Kreuzung gezählt. Ich hab alle gezählt, in denen nur eine Person saß, Alina die mit mehreren Personen. Unsere Stichprobe am Wasaplatz war deutlich schlechter: 1,16. Also eher nur in jedem 6. saßen zwei. Mehr als zwei Peronen in einem Pkw haben wir nicht gesehen, kam einfach nicht vor. Es ist absurd.

Genauso geht es mir inzwischen mit dem Tiere-essen. Vor ein paar Jahren habe ich mit dem Fleisch essen aufgehört. Der Grund war der allgemeine Umgang damit: Fleisch wird »produziert«, Tiere in Massen ‚gehalten‘, was eher an Warenlager denn an lebenswerte Bedingungen für ein Lebewesen erinnert. Ich wollte das nicht, ich finde das widerlich. Der zweite Punkt ist der industrielle Aufwand der Futtermittel-Produktion und all die Umweltschäden, die damit einher gehen. Das alles kann niemand ertragen, der hinschaut. Und ich wollte keiner der Weggucker sein, davon gibt es viel zu viele. Inzwischen kommt es mir immer absurder vor, überhaupt ein Tier zu killen um es zu essen. Aber ich glaube, das kann einem nur passieren, wenn man aufhört Tiere zu essen.

Wie fern ich inzwischen von der Idee bin, ein Tier zu essen, ist mir bei mequitos Tagebucheintrag aufgegangen. Die ganze Szenerie dieses Essens-Events wirkt auf mich inzwischen wie komplett aus einer anderen Welt.

Ich habe Angst vor dem Tag, an dem ich bei der Hühnerhaltung für die von mir sonst gekauften Bio-Eier genauer hinschaue.

(swg)

Auf dem Heimweg hat mir Alina etwas zeigen wollen, ne Kerze und Blumen, die sie auf dem Weg zum Schlagzeug gesehen hat. Und ein goldener Stein. Ich hatte erst nicht richtig zugehört, aber natürlich weiß ich, was ein Stolperstein ist. Nur dass heute vor 85 Jahren Reichspogromnacht war, dass war mir gerade nicht präsent. Aktuell gibt es wider mehr Anlass zum Gedenken, glaube ich.

Vorm Stolperstein fällts mir wieder ein, worum’s geht. Ein paar Tulpen liegen darauf, das ewige Licht ist aus gegangen. Leider ist mein Feuerzeug leer und taugt nur noch zum Bier öffnen – aber selbst dazu brauch ich es eigentlich nicht mehr. Ich erkläre Alina kurz, was es damit auf sich hat und erkenne im Halbdunkel, das irgendjemand versucht hat, den Stolperstein mit grauer Farbe unkenntlich zu sprayen. Ich beschließe nächsten Donnerstag Lösungsmittel und Putzzeug mitzubringen. Unverholene Dummheit widert mich einfach an.

(swg)

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