Fall of Giants

Mit dem dicken Wälzer auf dem Nachttisch hab ich mich fast nicht wohlgefühlt, und einschlafen kann man mit dem Teil auch nicht. Man schlägt sich immer wieder wach – obwohl man eh schon längst die Augen zugemacht haben sollte, denn weglegen will man den schon gar nicht. Zu fesselnd ist es, fünf Familien durch den Wahnsinn des Ersten Weltkrieges zu folgen.

Was ich etwas befremdlich fand, ist die Darstellung des Kriegsgeschehens. Der Erste Weltkrieg ist eine Material- und Menschenschlacht sondergleichen gewesen. Erstmalig in der Geschichte der Menschheit konnte und wurde Kriegstechnik mit einer Rücksichtslosigkeit und in einer Menge eingesetzt, die alles Vorstellbare sprengt. Mit welch massiven Mitteln um wenige Meter Gelände gekämpft wurde! Was eigentlich ein Sperrfeuer eines MG bedeutet, für einen, der quer übers Niemandsland rennen soll! Nix, nur ein paar „kleine Heroen“, in Person der Hauptdarsteller des Buches. Der Gaskrieg in Flandern findet nicht mal Erwähnung.

Das klingt vielleicht etwas enttäuscht, ich bin es aber gar nicht. Es ist ein echter Follett, toll geschrieben und wohl auch nah an der Geschichte. Er erzählt eher über die politische Seite des Ersten Weltkrieges – vor allem in Großbritanien und den USA – mehr, als der Durchschnitt vom WWI weiß. Nicht zu vergessen: Man bekommt auch einen recht detailierten Blick auf die Oktoberrevolution und den Sturz des Zaren.

Was weiß man denn heute schon noch über den ersten Weltkrieg? In der Schule hat man mal davon gehört, aber mehr als Beginn und Ende oder das Stichwort Sarajevo-Attentat weiß man nicht. Mir hat immer zu den nackten Zahlen und dem groben Fakten-Rahmen eine tatsächliche Geschichte gefehlt. Wenn ich mich an Ereignisse erinnern soll, brauch ich eine emotionale Beziehung dazu – Fakten sind sonst wie Namen: Schall und Rauch.

Fall of Giants von Ken Follett
Verlag: Dutton Adult, 28. September 2010, gebundene Ausgabe
985 Seiten
ISBN 10: 0525951652
ISBN 13: 9780525951650
Preis: 18,95 €

(swg)